Pour Dulcinée 3

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Heike Nasdala 

in Catalogue Jean-François Guiton, Hinters Licht, Videoarbeiten 1982 – 2008.

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Literarische Themen spielen im Werk von Jean-François Guiton eine nicht eben geringe Rolle. Doch stehen seine literaturbezogenen Arbeiten keinesfalls in illustrativem Verhältnis zu den jeweiligen Vorlagen. Vielmehr wird die Essenz, der abstrakte Gehalt eines Gedichtes oder Romans, mithilfe eines anderen Mediums und dessen spezifischer Sprachmittel rekonkretisiert. In diesem Sinne strebt Jean-François Guiton keine Inszenierung, wohl aber Interpretationen der Vorlagen an, die in seiner Formulierung um bedeutende Aspekte erweitert werden. Die Videoinstallation Pour Dulcinée 3 befasst sich mit dem aussichtslosen Angriff , den ein unverbesserlicher Idealist – ein Don Quijchote – glaubt, gegen vermeintliche Giganten richten zu müssen. Thema der Vorlage wie auch der videographischen Interpretationen ist die sinnlose Unermüdlichkeit, die ein sich verselbstständigender Kampf selbst dann erreicht, wenn er „gegen Schatten“ ausgefochten wird. Während in der ersten Fassung der Videoinstallation die Windmühlen noch als konkrete Objekte im Raum präsent sind und in die Betrachterrealität hineingreifen, werden sie in dieser dritten Version nur noch durch das von einem Projektor wiedergegebene Motiv ihres Flügelschlags angedeutet und verbleiben auf der Ebene der Fiktion. Demgegenüber zeigt ein Monitor einen potenziellen Angreifer, der mit einem Stab auf etwas schlägt, das sich außerhalb des Bildausschnitts befindet. Dem Flattern, Reißen, Krachen und Schreien nach zu urteilen, scheint ein Kampf zwischen Angreifer und Windmühlen stattzufinden, auch wenn diese sich unbeeindruckt weiterdrehen. Wird die ins Groteske gesteigerte Unverhältnismäßigkeit des Angriffs auf den ersten Blick ersichtlich, kann sie jedoch nicht lange mit einem Schmunzeln quittiert werden. In das räumliche Spannungsfeld der Installation eingetreten, wird man über kurz oder lang in ein ambivalentes Rollenspiel gezwungen. Hier den Angreifer, dort den Angegriffenen vertretend, sieht man sich aus der überlegenen Distanz gerissen und ist letztendlich selbst bereit, den sinnlosen Kampf mit den Windmühlen aufzunehmen. 

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Pour Dulcinée 3

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Heike Nasdala 

in Catalogue Jean-François Guiton, Hinters Licht, Videoarbeiten 1982 – 2008.

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Literary themes play an important role in Jean-François Guiton’s work. Yet his literature-related works in no way correspond in illustrative terms to the respective originals. Rather, the essence, the abstract content of a poem or a novel is reconcretized with the aid of another medium and its specific linguistic devices. In this sense, Guiton is not aspiring to the staging of an original but to its interpretation, which in his own formulation is extended by meaningful aspects. The video installation Pour Dulcinée 3 deals with the futile attack, which the incorrigible idealist—a Don Quixote—believes to have to wage against ostensible giants. The theme of the original as well of the videographic interpretations is the senseless tirelessness a battle that has taken on a life of its own achieves if it is waged “against shadows.” While in the first version of the video installation the windmills are still present in the space as concrete objects and reach into the viewer’s reality, in this third version they are only suggested by the flapping motif reproduced by the projector and remain on the level of fiction. In contrast, a monitor presents a potential attacker who is beating some- thing with a lance that is outside the image on the screen. Judging by the thrashing, ripping, cracking, and shouting, it appears that a battle is taking place between attacker and windmills, even though these unperturbedly continue to turn. When, at first glance, the disproportionality of the attack, which has heightened to become grotesque, becomes apparent, it cannot, however, be acknowledged with a smirk for long. Having entered the installation’s spatial field of tension, one is sooner or later forced into an ambivalent role play. Here the attacker, there standing in for man being attacked, one is ripped out of the superior distance and is ultimately prepared to enter into senseless battle against the windmills.

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(translation: Rebecca Van Dyck)