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Le Fardeau



Peter Friese

in Katalog “Hésitations des sens”, C.A.C de Basse- Normandie, Hérouville-Saint-Clair, 1998 


Die 1990 entstandene Arbeit Le Fardeau zum Beispiel besteht aus einer riesigen Stoffbahn aus Leinen, die wie ein großes Segel oder eine überdimensionale Hängematte von einer Wand zur anderen reicht und in deren herabhängender Mitte ein Monitor mit dem Bildschirm nach oben liegt. Das Gewicht dieser sprichwörtlichen Hardware spannt das große weiche Laken und gibt ihm so eine Form, welche nur unter den Bedingungen dieser Belastung zustande kommen konnte. Deutlich zeichnet sich auf der Unterseite des Stoffes die runde Rückseite des Gerätes ab und das Tuch wirft durch die Spannung straffe nach oben verlaufende Falten. So gesehen haben wir es hier durchaus mit einem minimalistisch anmutenden Arrangement zu tun. Doch der Monitor ruht nicht nur in seiner durch sein Eigengewicht geschaffenen Vertiefung, sondern strahlt nach oben das Bild eines Ausschnittes eben dieser Stoffbahn aus, als ginge es darum, das Stück Stoff, das hier verdeckt wird, wie durch einen videotechnisch verstärkten Leuchtertisch oben wieder sichtbar werden zu lassen. Bei genauem Hinsehen entdeckt man jedoch Bewegung in diesem (virtuellen) Tuchausschnitt. Erst sieht es aus wie eine zarte Welle, vielleicht verursacht durch einen Luftstrom - nur ein zartes Wehen, das das Video-Gewebe verändert. Dann scheint es wiederum , als berühre jemand den weichen Stoff von unten, als lebte etwas hinter, bzw. unter diesem virtuellen Laken, dessen Gestalt man allerdings nicht konkret auszumachen in der Lage ist. Das Bild dieser in sich permanent bewegten Stoffbahn auf dem Monitor ist also einerseits eine reflektierte Tautologie- als ginge es dem Künstler lediglich darum, ein Stück Realität 1:1 durch Video zu substituieren. Andererseits überwindet der virtuelle Bildschirm-Stoff ja mühelos die durch die reale Last des Monitorgehäuses erzeugte Spannung, ja dieses Bild transzendiert gleichsam die Evidenz des Tragens, Lasten und Hängens, somit die im Aufbau der Arbeit verdeutlichte physikalische Gesetzmäßigkeit. Es ist die Veranschaulichung einer Paradoxie, zugleich aber auch ein raumfüllendes Denkbild, bei dessen Zusammengehen und Überlagern von Software und Hardware eine für Guiton typische Selbstevidenz garantiert bleibt und den Betrachter zur Meditation einlädt. Die Offenheit der Beziehung der Elemente untereinander, ein durchaus empfindsamerer Schwebezustand, machen den besonderen ästhetischen Reiz dieser ruhigen Raumarbeit aus. Der hier souverän veranschaulichten Unentschiedenheit von Ursache, Wirkung und physikalischer Regel ging indessen eine eindeutige künstlerische Entscheidung voraus, welche im Falle von Le Fardeau notwendigerweise in dieser minimaoistischen, faktisch nur aus einer Videoeinheit und einem großen Tuch bestehenden Installation gipfelte.

Le Fardeau


Peter Friese

Translation: Rebecca Van Dyck

in catalogue Hinters Licht, Jean-François Guiton, Die Weserbug 2008


The work Le Fardeau (The Burden), which was produced in 1990, consists of an enormous white length of fabric that like an oversized hammock extends from one wall to the other. A monitor, its screen facing upward, has been placed on the middle of the fabric, causing it to sag. The weight of the proverbial “hardware” tautens the large white sheet, causing tight folds to form that run upward, folds that can only be brought about under the conditions of this burden. Yet the monitor is not only resting in the deepening caused by its own weight, it is also emitting an image of a section of this same length of fabric as if the piece of material the monitor is covering is again being made visible from above by means of a video-amplified light table. On closer examination, however, one discovers movement in this (virtual) section of cloth. 

It initially looks like a gentle wave, perhaps caused by an air current—a light waft that alters the video fabric. Then it seems as if someone is touching the soft material from below, as if there was something behind or under this virtual cloth that is alive but whose shape one cannot quite make out. Thus on the one hand, the image on the monitor of a permanently moving length of cloth is a reflected tautology—as if the artist was only concerned with substituting a slice of reality 1:1 by means of video. On the other hand, the virtual screen fabric effortlessly overcomes the real burden of the tenseness produced by the monitor housing. Indeed, this image transcends, so to speak, the evidence of bearing, weighing down on, hanging, and thus the physical laws illustrated in the composition of the work. It is the illustration of a paradox; at the same time, however, it is a space-consuming thought figure whose combination and overlaying of software and hardware, so typical of Guiton, guarantees self-evidence and invites the viewer to meditate. However, the resoluteness so confidently exemplified here of cause, effect, and physical law was preceded by an artistic decision, which in the case of Le Fardeau (The Burden) necessarily culminates in this minimalist installation that for all intents and purposes consists of only a video unit and a large cloth.