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Les pas perdus

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die verlorenen Schritte  -  The lost steps

1987

1-6 video channels

1-6 audio channel

1-6 monitors

1-6 transport case

Gehen ist eine basale Körpererfahrung und eine Metapher für Leben, die als Gegenfigur zum Bleiben tief in unserer Sprache verwurzelt ist. Comment ça va? Wie geht es? Es geht immer irgendwie weiter. Aufwärts, abwärts. Ich lasse mich gehen, ich gehe unter, ich gehe zugrunde.

Wir gehen. Schritt für Schritt. Die Arbeit „Les pas perdus“, eine Monitorarbeit mit Sound auf dem Boden einer gewöhnlichen hölzernen Kunsttransportkiste, zeigt eine Collage von Schrittsequenzen auf Gras, auf Kieselsteinen, auf Kopfsteinpflaster. Dabei entspricht das Akustische nicht unbedingt dem Visuellen; Klang- und Bildraum vermischen sich irritierend. Die Komplexität dessen, was zumeist unbewusste Alltagshandlung ist, wird offenbar. So sind wir es gewohnt, Fortschritte zu messen. Nicht umsonst ist der zeitgenössische Typus des Selbstoptimierers mit einem Schrittzähler ausgestattet. Fehltritte und Rückschritte, deren Erkenntniswert für den schöpferischen Geist auf der Odyssee des Lebens, finden im Zuge allseitigen Effizienzdenkens wenig Gnade. Jean-François Guiton spielt mit seinem Titel „Les pas perdus“ (Die verlorenen Schritte) auf Marcel Prousts Roman „À la recherche du temps perdu“ (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit) an. Im konkreten und übertragenen Sinne lässt er uns über die schier unermessliche Zahl unserer zumeist unbewussten Schritte nachdenken. Was zu einem Ziel führt, kann erst der Blick in den Rückspiegel des Lebens zeigen. Nichts ist vorhersehbar. Einzig die Erinnerung klärt die Dinge.

Wenn überhaupt. Die Frage ist, ob es überhaupt zielgerichtete, sinnstiftende Schritte geben kann. Samuel Becketts Antwort ist bekannt. Trotz formulierten Aufbruchwillens treten Vladimir und Estragon auf der Stelle.

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▸▸ Dr. Annett Reckert

Städtische Galerie Delmenhorst, 2018

As soon as one enters the exhibition space, one is surrounded by curious droning and pounding machines that lean toward the viewer, that swing back and forth in the invariably same, dull way without us being able to recognize whether they have gone out of control or whether they are serving their intended purpose. However, in view of the cold, rhythmic pounding, which fills the space and makes it appear as if these apparatuses will never be able to be shut down, and of the huge elements reminiscent of buttons that time and again bow before us in an almost taunting way, the vague suspicion soon crops up that we can-not be quite sure about how things stand and that we have perhaps long since ceased to be “masters of the situation” (if we ever were to begin with), but rather slaves to our own technological achievements.

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▸▸ Miriam Moch

     translation: Rebecca Van Dyck